Mitternachtskuss

"Du gehörst zu ihnen." Es überraschte mich ziemlich, dass das Einhorn tatsächlich sprechen konnte. "Du bist eine Vampirin... oder nicht?" Ich seufzte. "Na ja, nur zum Teil...", gab ich zu. "Aber ich habe wirklich keine Lust darauf, irgendwelche Menschen auszusaugen!", beteuerte ich und lächelte zögernd. "Warum waren die Menschen hinter dir hier?", fragte ich. "Nun..." Das Einhorn schien traurig. "Sie glauben, ich wäre dafür verantwortlich, dass ihre Stadt von einen Monster heimgesucht wurde. Sie ist fast vollkommen zerstört worden." Ich schauderte. Mussten wir nicht durch eine menschenbewohnte Stadt? "Ist... ist dieses Monster immer noch da?", fragte ich. "Das weiß ich nicht.", antwortete das Einhorn ehrlich. "Tut mir Leid."

Als wir fertig waren, lagen die Menschen nurnoch regungslos auf dem Boden.
Satt und zufrieden leckte ich mir über die Lippen.
"Und was ist ejtzt mit dem Mädchen?", murmelte ich zu mir selbst und schaute mich wieder um.

Ich seufzte. "Ist schon okay. Vielleicht finde ich ja da eine Möglichkeit, irgendwie der Gruppe zu entkommen.", sagte ich. "Danke jedenfalls! Ich muss los." Lächelnd drehte ich mich um und ging dann langsam zurück zu den anderen.

Als Gwendolyn wieder bei uns war, funeklte ich sie wütend an.
"Was war los? Was haust du überhaupt ab?"

"Geht dich das was an?", zischte ich und ging an ihm vorbei. "Kommt lieber, ich will endlich die nächste Stadt erreichen." Ohne auf die Antwort der anderen zu warten, ging ich los. Ich hoffte, dass ich durch die Aufruhe in der Stadt eine Chance haben würde zu fliehen. Nach einiger Zeit kamen wir in der Stadt an. Das Tier sollte Recht behalten. Die ganze Stadt lag in Schutt und Asche. "Na toll...", hörte ich einen der Vampire sagen, "meint ihr, unser Versteck steht noch?" Verwirrt sah ich ihn an. "Ganz richtig gehört, Kleine. Wir haben hier etwas abgelegen einen kleinen Unterschlupf. Allerdings sind in dieser Stadt länger schon nur wenige Leute vorbeigekommen, sodass wir unser Futter auch in anderen Städten suchen mussten." Ich nickte verstehend. "Wenn ihr wollt, können wir ja nachsehen." Einer der Vampire trat vor und lief los, die anderen folgten ihm. Ich lief ihnen hinterher, wenn auch nicht wirklich schnell.
Nach einer Weile blieben sie vor einer großen Felswand stehen. "Da wären wir." Ein kleiner Eingang führte in eine Höhle. Gerade, als wir eintreten wollten, sprang eine ältere Vampirin heraus. "Mensch, wo wart ihr denn? Unnützes Pack!", zischte sie. "Morgana, wir...", begann ein anderer Vampir, doch sie zwang ihn mit einem finsteren Blick leise zu sein. "Jetzt kommt rein und macht hier sauber! Ich habe euch zwar versprochen eure Bude sauber zu halten, aber das heißt nicht, dass ihr nicht auch mal was tun könntet!" Erst jetzt verstand ich. Morgana gehörte zu der Vampirbande und war so etwas wie deren "Mutter" - oder zumindest Haushälterin.
Plötzlich richteten sich ihre Augen auf mich. "Huch, wen habt ihr mir denn da mitgebracht?", fragte sie und sah mich neugierig an. Sie schien mich nicht zu verachten - eine Tatasche, die mich freute. "Du bist ein Halbling, nicht wahr?" Ich nickte. Interessiert musterte sie mich und lächelte schließlich. "Ich habe gehört, dass jemand kommen soll und diesen Krieg beenden will. Gram hat mir davon berichtet. Er muss wohl von dir gesprochen haben." Sie seufzte. "Was muss das nur für ein Gefühl sein, zu glauben, man sei ein Mensch und dann erfahren, dass man adoptiert wurde und ein Halbling ist. Du tust mir Leid. Und dann musst du dich auch noch mit diesen dreckigem Gesindel rumschlagen, das nichts besseres zu tun hat, außer eine alte Frau wie mich alleine zu lassen und dazu zu bringen, den Haushalt zu schmeißen! Aber mich fragt ja mal wieder keiner! Na ja, komm' erst mal rein und dann erzählst du uns von deiner Welt. Gibt es dort wirklich keine Pferdekutschen mehr?" Sie begann munter drauf los zu plappern, doch dagegen hatte ich überhaupt nichts. Das erste Mal, seitdem ich in Avalon war, fühlte ich mich richtig wohl.

[Hihi, Morgana ist sowas wie "die Frau im Haus", gehört zu der Vampirbande und schmeißt deren Haushalt. Sie gibt zwar vor, dass sie die anderen Vampire nicht leiden kann, insgeheim sind sie aber sowas wie ihre Kinder. Und die Vampire mögen Morgana auch, haben allerdings auch Respekt vor ihr. ]

[Hihi, okay. Gute Idee!]

Ich verdrehte die Augen und wir traten ein. "Ja, ja, schon klar. Wir mussten sie doch retten, das ging halt nicht so schnell. Und wir haben noch eben ein Paar Menschen erledigt", fügte ich gleichgültig hinzu und sah mich um.
"Tja, Gwendolyn, hier irgendwo kannst du schlafen", meinte ich.
"Um dich für deine große Kriegsschlichtung vorzubereiten", murmelte ich dann noch gehässig.

Ich wollte etwas erwidern, doch Morgana kam mir zuvor. "Vincent, lass' das arme Mädchen zufrieden. Sie hat doch niemanden mehr, zumindest, was ihre Familie betrifft." Sie schüttelte den Kopf und führte mich durch die Höhle zu einem Raum, der mit einer Türe verschlossen war. "Hier, das ist dein Raum für die nächste Zeit." Ich lächelte. "Danke." Morgana nickte. "Gut. Ich muss einmal dringend mit den anderen sprechen." Damit drehte sie sich um und ging herüber zu den anderen Vampiren. Ich verzog mich in mein Zimmer, sah mich jedoch nicht um, sondern blieb an der Türe stehen. Ich hörte Morganas Worte klar und deutlich.
"So, meine Lieben, ich weiß, ihr mögt Halblinge nicht besonders, dennoch solltet ihr Verständnis für sie haben... Jedenfalls, wenn sie den Krieg beenden will, muss sie durch das Reich der Hexen durch. Und da könnt ihr nicht alle mit. Ich schlage vor, einer von euch meldet sich freiwillig, um sie für ihre Reise zu begleiten und zu beschützen. Na, wer möchte mit ihr gehen?"

Einen Moment lang, der mir persönlich unendlich lang vorkam und an meinen Nerven zerrte, herrschte vollkommene Stille.
Gegen Morgana's überlegene Geduld konnten wir einfach nichts anrichten.
Nicht mal ich, wie es schien.
"Feiglinge", knurrte ich kaum hörbär.
"Na gut. Ich bin doch wieder der Held in der Geschichte. Kümmer' ich mich halt um sie, ok?", murrte ich und Morgana's Augen glitzerten triumphierend.

Ich seufzte. °Na toll, ausgerechnet DER...° Missmutig wandte ich mich von der Türe ab und sah mich in dem abgedunkelten Raum um. In einer Ecke stand ein Bett, in der anderen ein kleiner Schrank. Auch, wenn ich Morgana mochte, wollte ich schnellstmöglich aufbrechen. Allerdings war ich ziemlich müde. "Gut.", sagte Morgana, hörbar zufrieden. "Danke, Vincent. Dann solltest du dich versuchen, ein wenig mit ihr anzufreunden, ihr könnt nicht so verfeindet aufbrechen."

Ich grinste verschmitzt und machte mich auf den Weg zu Gwendolyns Zimmer.
Rücksichtslos schlug cih die Tür auf und trat ein.
"Hey, wollen wir Freunde werden? Morgen bin ich dein babysitter!", sagte ich überlegen.

Ich hob eine Augenbraue und verdrehte die Augen. "Sehr lustig, Vincent." Ich schüttelte den Kopf und setzte mich auf mein Bett. "Wirklich, sehr lustig." Ich versuchte nicht mal, die Verletztheit in meiner Stimme zu unterdrücken. "Ich hab' mir das Ganze nicht ausgesucht. Außerdem, du kannst ja hierbleiben, ich würde auch alleine gehen."

Sorglos darüber, dass ich ihr vielleicht wehtat oder so, setzte ich mich zu ihr.
"Morgen treffen wir die Hexen. Haha! Denen werd' ich's zeigen!", lachte ich und dachte nicht daran, dass ihre Mutter auch eine gewesen war.
"Naja, und was genau tust du dann?"

Ich antwortete ihm nicht, sondern blickte auf meine Hände und versuchte die aufkommenden Tränen herunterzuschlucken. Meine Wut war inzwischen ins Unermeßliche gestiegen. Hätte ich nicht gewusst, dass Vincent um ein vielfaches Stärker war als ich, hätte ich mich wahrscheinlich auf ihn gestürzt und versucht ihn irgendwie zu verletzen.
Ich atmete tief durch, doch das machte alles nur noch unerträglicher. Erneut kam in mir das Bedürfnis auf, einfach wieder nach Hause zu gehen und mein altes Leben zu leben. Doch das war wohl nicht möglich.
Ich bekam kaum mit, dass sich die erste Träne einen Weg über eine Wange bahnte.

Total verwirrt und verständnislos starrte ich sie einfach nur an.
"Ehm. Was ist los?", fragte ich matt und spürte keinerlei Reue.
Ich war an ein verletztendes und kaltes Leben gewöhnt, sie allerdings nicht.
Sie war epfindlich, wie es aussah.

"Du hast wirklich keine Ahnung...", wisperte ich und schüttelte erneut den Kopf. "Du weißt nicht, wie es ist, 16 Jahre zu glauben, du würdest in einer perfekten Familie leben. Du weißt nicht, wie es ist, wenn man auf einen Schlag nicht nur die Eltern verliert, die dir sagen, dass du gar nicht ihr Kind bist, sondern im gleichen Atemzug verdeutlicht bekommst, dass deine wahren Eltern tot sind. Und du weißt auch nicht, wie es ist, wenn das Gerücht, dass du ein Halbvampir bist, in die Schule gelangt und von Freunden und anderen plötzlich gemieden wirst. Wenn dich dein Freund verlässt, weil er dich für einen Freak hält und zwei Tage später eine Neue hat." Ich holte tief Luft. Inzwischen bahnten sich weitere Tränen über meine Wangen und hinterließen dort nasse Spuren. "Ich hatte gedacht, dass ich hier vielleicht Willkommen wäre. Weil ich durch meine wahre Abstammung wohl hierhin gehöre. Aber dem ist anscheinend nicht so. Stattdessen gerate ich an irgendeinen arroganten, hochnäsigen Vampir, der sich nicht mal die Mühe macht einen zu verstehen." Ich stand auf, ging jedoch nicht los, wie ich eigentlich wollte. Meine Füße waren wie festgewachsen. "Ich werd' Gram suchen und ihn bitten, mich wieder in meine Welt zu bringen. Selbst, wenn ich dort alleine irgendwo leben müsste, ohne jegliche Kontakte, wäre mir das immer noch lieber als länger hier zu bleiben."

Urplötzlich brach die Mauer der Sturheit und des Egoismus in meinem Kopf durch.
Ich verstand sie wirklich.
"Oh, ehm.. wenn das so ist..", stammelte ich leise.
Allerdings war ich immer noch nicht der verweichlichte Softie, der zu weinen beginnt, sondern genau das Gegenteil, da man sonst in dieser Welt nicht lange den Kopf über Wasser halten konnte.
Doch ich musste mich entschuldigen. Wenigstens ein mal.
"Dann.. ehm.. t-tut mir Leid, okay?"

"Das kannst du dir sparen...", sagte ich leise und ging los. Ich wollte einfach nur weg. Als ich an Morgana vorbeiging, sah diese mich vollkommen verwirrt an. Ich sagte nicht, sondern verließ stattdessen die Höhle und ging durch die zerstörte Stadt. Noch immer liefen mir die Tränen über die Wangen, doch ich versuchte, wenigstens ein Schluchzen zu unterdrücken.

Ich seufzte entnervt, raffte mich auf und ging dann ausdruckslos an der besorgt dreinblickenden Morgana vorbei.
Ich brauchte mich nicht zu beeilen, da ich Gwendolyn sowieso einholen würde früher oder später, doch meine Schritte beschleunigten sich.
"Hey! Komm schon! Wegrennen nützt nichts! Dann wirst du noch gefressen! Komm zurück! Ich hör auch auf!", rief ich verzweifelt.

Stur, und ohne auf Vincents Worte achtend, ging ich weiter. Ich hatte genug von ihm. Plötzlich bewegte sich etwas in den Häusertrümmern neben mir. Ich zuckte zusammen und blieb stehen. Ein Wesen kam aus den Trümmern gekrochen. Als es mich erblickte, begann es tiefkehlig zu knurren. Erschrocken wich ich ein paar Schritte zurück, doch das Monster kam immer näher. °Verdammt!°, dachte ich panisch. Jetzt steckte ich wirklich in der Klemme.

[Das Monster: http://statics.mangaka.de/mangakade/bilder/badmajin/82035/monster_orig.jpg]

[Link geht nicht. >_<]

Erschrocken wich ich kurz zurück, doch dann schritt ich auf das Monster und Gwen zu.
"Nicht bewegen", sagte ich warnend und knurrte das Monster an.
Dieses schenkte seine gesamte Aufmerksamkeit nun mir und kam gefährlich nahe.

Ich sah herüber zu Vincent. Meine Augen weiteten sich, als ich sah, dass das Monster zum Sprung ansetze. In mir regte sich etwas. Ich wusste selbst nicht warum, aber plötzlich bewegten sich meine Beine wie von selbst. Das Monster sprang ab, genau auf Vincent zu, doch bevor es ihn erwischen konnte, stellte ich mich vor ihn. Schützend hielt ich mir die Arme vor's Gesicht, damit wenigstens dieses vor den Klauen des Monsters geschützt sein würde, und wurde im gleichen Moment zu Boden gerissen. Die Krallen des Monsters bohrten sich tief in meine Haut und hinterließen blutige Kratzer.

Wütend sprang ich das Monster an und versuchte, es mit meinen Fangzähnen zu bearbeiten, doch
seine panzerartige Haut ließ das nicht zu.
Ausserdem rutschte ich ab und stolperte zu Boden.
Es schien fast unmöglich, es anzugreifen.

Das Monster stieß Vincent wütend beiseite und wandte sich stattdessen mir zu. "Ah, der Halbling... Sehr gut, ich dachte, ich würde dich niemals finden. Aber Schluss mit dem Reden, ich hab' Hunger." Das Wesen hob seine gefährliche Klaue. Aus Instinkt heraus rollte ich mich zur Seite, dennoch erwischte es mich an meinem Rücken. Der aufkommende Schmerz ließ mich kaum mehr klar denken. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie die anderen Vampir aus der Höhle gelaufen kamen, dann wurde mir Schwarz vor Augen.

Meine Bande und ich stürzten uns auf das Monster, welches wohl nicht damit gerechnet hatte.
Stark war es, und dumm.
Wir stürzten es zu Boden, doch erledigen konnten wir es nicht.
Einer der Bande wurde weggeschleudert.
Da bemerkte ich plötzlich eine verletzliche Stelle am Körper des Wesens; den Hinterkopf.
Sofort bohrte ich meine Zähne in die fleischige Stelle und das Mosnter schrie gequält auf.
Das war der Schlüssel zum Sieg!

"Gwen!" Morgana war aus dem Haus gestürzt und lief zu mir herüber, doch dies bekam ich gar nicht wirklich mit. "Oh nein, oh nein...", murmelte sie und strich mir durch's Haar. "Sag' mir bitte nicht, dass es dich umgebracht hat, hörst du? Los, komm' schon Gwen, wach' auf!" Doch ich rührte mich nicht. Ihre Worte drangen nicht an mein Ohr.