Bis(s) du mich findest.

"Mir egal...", antwortete ich und biss mir auf die Unterlippe. Erst jetzt kam mir eine dunkle Vorahnung, warum der Kerl auf mich losgegangen war. Ich war noch nie wirklich von einem Rassisten so angesprochen worden, aber dennoch nahm ich es mir ziemlich zu Herzen. Ich schluckte die aufkommenden Tränen herunter, denn ich wollte nicht weinen.

Ich strich ihr mit der Hand über den Arm. "Vergiss ihn. Er ist es nicht wert. Falls er nocheinmal in deiner Nähe aufkreuzen sollte, ist es sein eigenes Pech", sagte ich sanft.
"Willst du vielleicht zu mir kommen und meine Familie.. kennenlernen?"

Ich zuckte leicht zusammen, als er meinen Arm berührte. Seine Hand war eiskalt. Ich überlegte kurz auf seine Frage hin und nickte dann. "Okay."

Eine Weile fuhren wir wortlos nur weiter.
Ich fuhr in einen Waldweg hinein und hielt dann quietschend an unserer Garage.
"Und schon sind wir da", bemerkte ich grinsend und stieg aus.
Ich hielt Ayumi die Autotür auf.

Ein wenig unsicher stieg ich aus dem Auto aus. Immerhin, ich kannte Edward ja noch nicht richtig, und würde direkt seine Familie kennenlernen. "Wow...", staunte ich, als ich das große Haus musterte. "Und da wohnst du drin?"

"Ja. Mit meinen vier.. Geschwistern.."
Ich zögerte immernoch bei dem Ausdruck 'Geschwister'.
Dann ging ich zur Tür und öffnete sie.
"Das ist doch okay für dich..?", hakte ich nach, weil es so schnell ging. Wir kannten uns einen Tag.

"Uhm, klar.", antwortete ich und lächelte leicht.
"Ich freue mich..."

"Gut", murmelte ich und wir traten ein.
Carlisle stand zufällig schon im Flur und lächelte.
"Edward, da bist du ja. Wer ist denn das?", fragte er ruhig.
"Das ist Ayumi. Sie ist neu und ich hielt es für angebracht, sie mitzunehmen."

"Hallo.", sagte ich kleinlaut und sah schüchtern zu Boden. "Hallo.", erwiderte Carlisle freundlich.

Meine ganze Familie kam nun angetanzt. Ich verdrehte die Augen.
"So, du hast sicher von ihnen gehört, wie ich die neugierigen Typen in der Schule kenne", seufzte ich belustigt.
"Carlisle und Esme.. das sind meine.. Eltern. Und dann Emmett, Rosalie, Jasper und Alice.
Und Leute, das ist Ayumi." Ich lächelte in ihre Richtung.
Jedoch machte ich mir Sorgen, wegen der Anzeichen meines.. Wesens.. Ayumi hätte es bemerken müssen. Die Schnelligkeit, die Stärke. Das hatte sie wohl auch!

Ich fühlte mich sichtlich wohler, als ich die Cullens nun endlich vor mir stehen hatte. An Mikes dämlichen Sprüchen, dass sie merkwürdige Freaks waren, war in meinen Augen überhaupt nichts dran. Trotzdem... Edward hatte mich ziemlich verwirrt. Die Schnelligkeit, die Stärke, die kalte Haut... Das war nun wirklich nicht normal. "Edward, willst du Ayu nicht mal dein Zimmer zeigen?", fragte Alice und kicherte leise.

Ich gab Alice einen leichten Schubs in die Rippen, obwohl es für einen Menschen wohl kaum nur ein leichter gewesen wäre.
Dann nickte ich Ayu zu und ging die Treppe hinauf.
Ich hatte irgendwie Angst, weil sie es gemerkt hatte. Neben dem Verlangen nach ihrem Blut, das mir ihr süßlicher Duft einprägte, spürte ich noch das dringende Bedürfnis, es ihr zu erklären.

Als ihr mich in sein Zimmer führte, blickte ich mich neugierig um. Es war ein wunderschönes Zimmer, vollkommen anders im Gegensatz zu meinem kleinen Zimmerchen. Trotzdem konnte ich nicht vergessen, was mir ganze Zeit im Kopf herumschwirrte. "Du, sag' einmal... Ich glaube, du musst mir da was erklären."

Sehnsüchtig, und doch mit Furcht hatte ich auf diesen Moment und diese Worte gewartet.
"Ja", sagte ich mit harter Stimme.
Meine riesige Glastür am anderen Ende des Zimmers, welche zu keinem Balkon führte, zog wohl ihren Blick an. Ich ging auf die Tür zu und öffnete sie weit. "Es will ich dir etwas zeigen. Wenn du mir versprichst, es niemandem zu sagen, und nicht schreiend wegzurennen." Ich seufzte.

Ich nickte. "Okay." Spannung machte sich in mir breit. Was wollte er mir wohl zeigen?

Ich schaute sie nicht an. Immernoch stand ich mit dem Rücken zu ihr vor der Glastür.
"Komm her", hauchte ich geduldig.

Ich schluckte. Es dauerte eine Zeit, bis meine Beine sich endlich bewegen konnten.
Ein wenig nervös ging ich zu Edward herüber.

Kaum war sie an meiner Seite, packte ich sie am Handgelenk und schleuderte sie ruckartig auf meinen Rücken. Ich spürte ihr Herz schnell pochen, doch das war normal.
"Halt dich gut fest", warnte ich sie und legte zur Sicherheit ihre Hände um meinen Hals.
Dann sprang ich aus der Tür in den Tannenwald und landete nach kurzer Zeit an der Krone einer Tanne.

Völlig perplex starrte ich herab auf die niedrigeren Bäume. Ich konnte kaum sprechen.
"Wie... wie hast du...?", stotterte ich völlig verwirrt.

Ich schmunzelte. "Naja. Das kann ich dank Carlisle."
Ich wusste natürlich, dass sie das nicht verstand, doch später war die Zeit, zu erklären.
Dann sprang ich weiter von Tanne zu Tanne und landete schnell, aber sanft, auf einer Lichtung mitten im Wald.
Im weichen Gras setzte ich Ayu ab und lächelte. "So, das wollte ich dir zeigen. Was denkst du nun über mich?"

Noch immer brachte ich kaum ein Wort heraus. "Du... wow...", murmelte ich und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht.
"Darum warst du also so schnell bei mir, als der Kerl mich angegriffen hat..."

"Ja. Außerdem konnte ich euch gut hören", fügte ich hinzu.
"Ich.. bin auch.. stärker als Menschen. Viel stärker. Ich hätte ihn zerdrücken können, was ich gerne getan hätte", sagte ich und meine Stimme war in ein Knurren übergegangen.
"Ich.. also.. du riechst so.. unbeschreiblich.. also dein Blut", stammelte ich und zischte. Wieso hatte ich das nur gesagt. Sie durfte keine Angst vor mir haben!

Ich versuchte eine Antwort auf sein 'Kompliment' zu finden, doch mir fiel keines ein. "Du bist nicht so wie ich und all die anderen Menschen, richtig?", fragte ich stattdessen. Doch ehe er mir eine Antwort geben konnte, klingelte plötzlich mein Handy.

Ich musterte das kleine Handy, welches sie aus der Tasche holte.
Geduldig wartete ich ab.

Mein Vater war am anderen Ende der Leitung. "Hey Dad. ... Was? ... Oh, ich bin bei einem Klassenkameraden. ... Ah, okay, verstehe. ... Gut, ich bin da. ... Bis später." Ich seufzte. "Tut mir Leid, ich muss nach Hause. Mein Vater muss für ein paar Tage auf Geschäftsreise, und er hat mir noch keinen Zweitschlüssel machen lassen. Ich muss seinen Schlüssel jetzt abholen."