Angel of Sin

Eine lange Zeit sah ich ihn an, bis ich mir einen Ruck gab und ihn einfach umarmte. Es war so ein schönes Gefühl, seine Wärme zu spüren. Auch, wenn er mich erst vor ein paar Minuten angeschrien hatte, so war meine Wut auf ihn mit einem Mal verflogen.

Total überrascht weiteten sich meine Augen.
"Was..", begann ich, doch redete nicht weiter.
Unsicher begann ich, die Umarmung zu erwidern, und tatsächlich; es war schön.

Glücklich darüber, dass er die Umarmung erwiderte, vergrub ich meinen Kopf in seine Halsbeuge. Ich versuchte mein Herz, welches nun schneller zu schlagen begann, zu beruhigen, doch ich konnte nicht leugnen, dass dies in Seths Nähe nicht möglich war.

Etwas angespannt versuchte ich, meinen Atem zu beherrschen.
Plötzlich verspürte ich so ein Gefühl, möglicherweise.. mochte ich Tracey.
Mehr, als ich vorhatte.

Nach einer Weile sah ich ihn an. Wir saßen ziemlich nahe beieinander. "D-danke...", sagte ich leise. "Und... tut mir Leid wegen vorhin."

"Nein. Es tut mir Leid", sagte ich schuldig.
"Ich hätte nicht so voreilig urteilen sollen. Ich glaube.. wir können ein gutes Team werden", fügte ich zuversichtlich zu, und lächelte sogar ein wenig, jedoch war ich mir meiner Aussage nicht sehr sicher.

Ich erwiderte sein Lächeln ehrlich. "Das hoffe ich." Einen Moment lang sah ich auf meine Hände, dann schaute ich ihm direkt in die Augen.

Verlegen von ihrem direkten Blick errötete ich ein wenig.
Allerdings versuchte ich, ihm standzuhalten.
"Du bist.. mehr Kumpel, als Tusse", sagte ich scherzend.

Ich kicherte leise. "Und du kannst wirklich eine Zicke sein.", grinste ich. "Aber... Ich mag dich." Ich biss mir verlegen auf die Unterlippe. "Sogar sehr."

"Uhm", machte ich leise.
Ich war mit der Situation gänzlich überfordert, da ich so viel Gefühl auf einen Schlag nicht verarbeiten konnte, schließlich hatte ich sie kurz zuvor wirklich fast.. gehasst.

Ich seufzte leise. "Tut mir Leid, falls ich dich bedrängen sollte.", entschuldigte ich mich und war kurz davor mich von ihm zu lösen. "Das will ich nicht."

"Ach, es.. ist schon okay", murmelte ich und schaute sie entschuldigend an.
"Ich mag dich auch.."

Mein Herz machte augenblicklick einen riesigen Hüpfer. Sagte er tatsächlich die Wahrheit?
Ich erwiderte nichts, starrte ihn stattdessen stumm an und wartete auf seine Reaktion.

"Lass' uns.. gehen", entschloss ich und schürzte die Lippen.
Langsam stand ich auf, wartete auf Tracey, und begab mich dann zurück zum Bungalow, wo plötzlich Jake und Lee im Türrahmen standen.
"Wo wart ihr denn?", fragte Jake neugierig.
Lee hingegen sah nicht gerade glücklich aus.

"Ach, wir... wir haben nur miteinander geredet.", erwiderte ich und lächelte schüchtern. Lee beäugte mich misstrauisch. Er schien traurig zu sein. Hatte ich ihn mit meinem Verhalten etwa verletzt? Stand er vielleicht sogar auf mich? Ich schluckte. Jetzt hatte ich wahrlich ein großes Problem. "Lee, alles in Ordnung?", fragte ich. Er nickte nur kurz, drehte sich um und ging auf sein Zimmer. Ich sah Jake und Seth an. "Ich seh' mal nach ihm.", sagte ich dann und ging in Lees und Jakes Zimmer.

"Okay", antwortete ich leise und bemerkte Jakes plötzlich besorgten Blick.
"Was ist?", fragte ich verwundert.
"Lee hat mir eben gesagt.. er steht auf Tracey", erklärte jake zurückhaltend.
"Oh Gott..", murmelte ich und schaute zu Boden.
"Und jetzt denkt er.."
"..ihr hättet etwas miteinander.", beendete jake den Satz ernst. "Ja."

"Lee? Alles in Ordnung?" Lee saß, mit dem Rücken zu mir, auf seinem Bett, den Kopf in den Händen vergraben. Ich hielt die Luft an und wartete auf seine Reaktion, doch alles, was ich hörte, war nur ein leises Schluchzen. "Hey, warum weinst du denn?" Sofort gesellte ich mich neben ihn, doch als ich meinen Arm um seine Schulter legen wollte, um ihn zu trösten, wich er zurück. "Bitte, Tracey, tu das nicht.", hauchte er mit zittriger Stimme. Erschrocken sah ich ihn an. Was hatte er nur? "Lee, bitte, sag' mir doch was los ist!", antwortete ich. Lee sah auf. In seinen Augen glänzten Tränen. "Was los ist? Ich... verdammt, Tracey, ich hab' mich in dich verliebt! Aber du... du hast ja Seth." Ich hielt die Luft an. Was sagte Lee da nur? "W-was?", stotterte ich verwirrt. Lee seufzte. "Ich wusste, dass du so reagieren würdest. Darum wollte ich dir erst gar nichts sagen, aber jetzt, na ja... Du bist so wundervoll, Tracey. Und auch, wenn ich dich kaum kenne, ich habe das Gefühl, als hätte ich schon mein halbes Leben mit dir verbracht. Als... als ich dir gesagt habe, dass ich eine schwere Krankheit habe, da warst du neben den Jungs die einzige, die für mich da war. Und dafür danke ich dir sehr. Und... Ich dachte, hier könnten wir uns näher kommen, aber anscheinend... anscheinend hast du für Seth mehr übrig, auch, wenn er dich so schlecht behandelt." Mir stockte der Atem. Lee war also tatsächlich in mich verliebt. Was sollte ich nur tun? Ich schloss meine Augen und zog ihn in eine Umarmung. "Bitte Lee, es tut mir so Leid... Aber... was du sagst stimmt nicht. Seth will nichts von mir und ich..." Ich atmete tief durch. Ich konnte jetzt nichts anderes zu tun als zu lügen. "...ich auch nichts von ihm." Lee sah auf und schaute mir direkt in die Augen. "W-wirklich?" Ich nickte leicht. "Wirklich. Ich... ich mag dich nämlich viel lieber." Für einen Moment sah er mich einfach nur an, dann näherte er sich meinem Gesicht. Mein Herz begann zu rasen. Sollte ich ihn einfach wegschubsen? Doch als ich seine weichen Lippen auf meinen spürte, gab es kein zurück mehr. Ein wenig unentschlossen und schüchtern erwiderte ich den Kuss.

"Aber.. aber.. das stimmt doch nicht!", widersprach ich Jake, welcher mich verdutzt ansah.
"Du kommst ja ganz schön aufgebracht 'rüber. Läuft da wirklich etwas?", fragte er, doch das regte mich nur noch mehr auf.
Ich wusste nämlich nicht, was ich für Tracey fühlte.

Nach einer Weile gab ich mich Lees Kuss völlig hin. Seine Hände lagen auf meiner Hüfte, meine in seinem Nacken. Noch immer war ich mir nicht ganz sicher, ob es das Richtige war, was ich da tat, jedoch fühlte es sich vorerst nicht schlecht an. Vollkommen in dem Kuss versunken bekamen weder Lee noch ich mit, dass Jake leise die Türe öffnete, um zu sehen, wo wir blieben.

Unauffällig war ich Jake gefolgt, blieb dann dicht hinter ihm stehen, doch er bemerkte mich nicht.
Doch dann sah ich Lee und Tracey - knutschend!
"Ey! Was soll das?", keifte ich, woraufhin Jake zusammenzuckte.
"Schrei' mir nicht ins Ohr!", knurrte er.

Erschrocken lösten Lee und ich uns voneinander und blickten zur Türe. Ich sah verlegen - und auch ein wenig reumütig - zu Boden, während Lee leicht lächelnd und mit einem roten Schimmer auf den Wangen zu den beiden herüber sah. "Hey.", meinte er leise und wischte sich die noch nicht getrockneten Tränen weg.

"Lee", hauchte ich.
Ich konnte es einfach nicht glauben.
Dann fixierte ich Tracey mit einem finsteren Blick.
"Morgen ist Jake dran, oder was?", fauchte ich.

Ich wollte gerade etwas antworten, als Lee mir zuvor kam. "Sag' mal, hast du irgendein Problem damit?", fragte er wütend und stand auf. Seine Hand legte er auf meine Schulter um mich so spüren zu lassen, dass ich nicht alleine war. "Tracey hat mir selbst gesagt, dass sie auf mich stehen würde und nicht auf dich!"

"Ooh, hat sie das gesagt!", antwortete ich und ahmte seinen Tonfall nach.
"Freu dich doch", zischte ich dann.

"Das tue ich auch.", sagte Lee und sah Seth wütend an. "Könntet ihr jetzt bitte gehen? Tracey und ich wollen alleine sein."