Hm, ja, hab' ich eigentlich abgebrochen, aber mir gefällt das erste Kapitel ganz gut, zumindest das, was vom ersten Kapitel fertig ist. xD
Prolog
Die Sonne stand dicht über den Wipfeln der dunklen Tannen.
Sie würde erst in einigen Stunden hell am Horizont stehen.
Jetzt lag das kleine Dorf in einer geheimnisvollen Stille, nur das harmonische Vogelzwitschern war zu vernehmen.
„Kaum zu glauben dass wir diese Bude damals gekauft haben.“ Schmunzelnd blickte Chester nach draußen, über die Bäume hinweg. Heute würde es schönes Wetter geben. Der Blaustich am Himmel war gut zu erkennen.
„Man hat uns damals wohl für verrückt erklärt.“, murmelte er sich selber zu. Er war schon immer ein Frühaufsteher gewesen, doch heute war er von einem Geräusch im Wohnzimmer geweckt worden und konnte daraufhin nicht mehr einschlafen.
Und nun saß er hier, auf den großen Balkon des Einfamilienhauses, trank eine starke Tasse Kaffee um wach zu werden und blickte über die großen, goldenen Felder. Manchmal, wenn die Sonne besonders hell war und die Felder besonders golden leuchteten, fühlte er sich wie ein König.
Schlaftrunken lächelte er vor sich her, nippte an der lauwarmen Tasse und trank einen Schluck des wach machenden Getränkes, und fuhr mit seinem lauten Gedankengang fort. „So viel Geld…“, er seufzte theatralisch, „So viel Geld hatten wir zur Verfügung stehen. Und trotzdem haben wir uns hier niedergelassen. In einem kleinen, verschissen Dörfchen, bei dem man eine Stunde braucht um in die nächstgelegene, größere Stadt zu kommen, in der man wenigstens ein wenig einkaufen kann. Dabei hätten wir alles haben können!“
Er lachte leise auf. Ja, sie hätten wirklich alles haben können. Hätten sie gewollt, hätten sie sich eine Villa in einer hektischen Stadt wie New York kaufen können, oder ein wundervolles, kleines Häuschen im warmen Spanien.
Stattdessen hatten sie sich in einem kleinen Dorf in Norwegen niedergelassen, weit ab von ihrem alten Leben. Sie hatten alles zurückgelassen. Ihre Familie, ihre Freunde, ihr erstes, gemeinsames ‚Traumhaus’.
„Wir mussten so viel riskieren… Hatten so viel zu verlieren… Aber letztlich haben wir es doch noch geschafft.“ Chester untermalte seine Worte, indem er nickte. Er stellte seine Tasse auf dem weißen Holztisch neben ihn ab und stand von dem gleichfarbigen Plastikstuhl auf. Langsam schritt er auf und ab, wie ein hungriger Tiger, den Blick über die kleinen Wege schweifend, welche sich zwischen den Feldern schlängelten.
„Und heute…“ Er räusperte sich. Seine Stimme nahm einen stolzen, hoheitlichen Ton an. „Heute speisen wir in einem königlichen – na gut, nicht so ganz – Palast und unsere Kinder spielen in einem mysteriösen, verwunschenen Garten.“
Er kicherte. Morgens war er schon immer ein wenig ‚sonderbar’.
„Chester?“
Erschrocken fuhr er herum. Talinda stand im Türrahmen. Sie lächelte, schaute aber reichlich verwirrt drein. „Was machst du hier? Und mit wem redest du?“
Chester kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Oh, äh…“ Peinlich berührt blickte er zu Boden, eine tiefe Röte schlich sich auf seine Wangen. Ihm war es sichtlich unangenehm dass Talinda ihn bei einen seiner Selbstgespräche erwischt hatte.
„Ich habe nur ein wenig nachgedacht. Laut.“, gab er zu und grinste seine Frau lieb an. Sie schmunzelte belustigt, trat dann jedoch einen Schritt vor und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. Für eine Weile sahen sie sich einfach nur an – lächelnd, glücklich.
„Ich bin froh dass wir hierher gezogen sind.“, sagte Talinda leise, als hätte sie Chesters laute Gedankengänge von Anfang an mitgehört. Er nickte.
„Obwohl es hier absolut langweilig ist.“, fügte sie grinsend hinzu.
Sie blickten sich erneut an, in die Augen. Kurzes Schweigen.
Und dann mussten beide leise kichern.
Kapitel 1
„Möchtest du noch einen Kaffee?“
Es hatte bereits zu Mittag geschlagen, augenscheinlich jedoch schlief die Natur noch. Kein Vogel zwitscherte, der kühle Wind hatte sich gelegt, das Haus lag in völliger Stille.
Ab und zu gurgelten leise die Rohre, die Dielen und Wände knarrten. Ein Anzeichen dafür dass das große, geräumige Haus alt und baufällig war.
Jedoch hatte der Vermieter sich damals bei der Renovierung großzügig gegeben, sodass nach dem Einzug der Benningtons kaum Nebenkosten angefallen waren, bis auf das Abdichten zweier Rohre, die ein Leck aufgewiesen hatten.
„Nein, danke.“
Chester saß am Tisch der großen Küche. Eigentlich stand er oftmals hinter dem Herd und kochte, weil es zu einem sein Hobby war und er zum anderen Talinda keinen all zu großen Anstrengungen verpflichten wollte, immerhin war diese schwanger.
Bei diesem Gedanken musste er schmunzeln. Er konnte sich überhaupt nicht vorstellen wie es sein würde Vater zu sein. Und gleichermaßen machte er sich auch große Gedanken darüber. Würde er ein guter Vater sein? Er seufzte.
Talinda schaute von den Gurken, welche sie gerade schnitt, auf. „Ist alles in Ordnung, Liebling?“
In ihrem Blick schwang eine leichte Besorgnis, die den jungen Mann schmunzeln ließ. Chester schüttelte den Kopf und trat zu ihr. „Nein. Ich habe mur daran gedacht wie wunderschön unser Kind sein wird, vor allem wenn es nach dir kommt.“ Zärtlich legte er die Hände auf ihren deutlich sichtbaren Babybauch und als er ganz sanft begann sie zu streicheln, kam es ihm so vor, als könne er sein Kind strampeln spüren.
Er blickte in Talindas große, haselnussbraune Augen. Sie strahlten Wärme und Geborgenheit aus. Etwas, was Chester sich in seiner Vergangenheit zu oft gewünscht hatte, aber noch öfter verwehrt wurde. Die langen, braunen Haare hatte sie hoch gesteckt und das leichte, samtgoldene Sommerklein ließ sie wie eine Göttin erscheinen – seine Göttin.
„Noch 2 Monate.“, flüsterte Chester leise und Talinda nickte. „2 Monate.“
Für Chester war dieses Glück immer noch unbegreiflich. Unbegreiflich, dass er diese wundervolle Frau kennen gelernt hatte, unbegreiflich dass er solch Zärtlichkeiten austauschen durfte, welche ihm als Kind aufgezwungen wurden. Doch diesmal war es sein eigener Wille gewesen. Er hatte all dem zugestimmt.
Was ihm allerdings noch surrealer vorkam war die Tatsache, dass er nun Vater werden würde. Dass er nun eine Verantwortung trug. Aber vor allem dass er dafür verantwortlich war. Dass er etwas erschaffen hatte. Etwas einzigartiges, etwas, was er nie wiederfinden würde, ein Unikat. Einem Wesen, welchem er seine ganze Liebe schenken würde.
Es war das erste Mal, dass er stolz auf sich war.
Er würde Vater werden.
Ein Piepen aus Chesters Hosentasche ließ das Paar aus ihrer romantischen Stille hochschrecken. Das Handy piepste unaufhörlich, erst als Chester den Alarm ausschaltete gab das nervenaufreibende Gerät Ruhe.
"Tut mir Leid, Liebling." Er gab seiner Frau einen Kuss auf die Stirn. "Ich muss los." Ein Kuss auf die zarten, weichen Lippen folgte.
Ein Grinsen schlich sich auf Talindas Gesicht. Immer noch bereitete ihr die neue Beschäftigung ihres Mannes großen Spaß. Als Chester ihr vor einigen Wochen feierlich mitgeteilt hatte, er sei in den örtlichen Männerchor aufgenommen worden, glaubte sie zu erst ihr Mann wolle einen Witz machen und amüsierte sich natürlich sehr darüber. Als sie dann jedoch Chesters beleidigtes Gesicht bemerkt hatte, begann sie jedoch zu verstehen, wie erst er sein Vorhaben gemeint hatte.
"Chester, du hast eine wunderschöne Stimme und bist sehr begabt.", hatte sie gesagt, "Aber ausgerechnet du in einem Männerchor?"
Geschmollt hatte er und geantwortet, dass Musik nun einmal seine größte Leidenschaft – natürlich hinter ihr – war, er sie brauchte, er singen musste, egal wo und wie.
Talinda hatte nur schmunzelnd den Kopf geschüttelt und einen Schluck Rotwein getrunken, während Chester trotzig in den Keller gegangen war um sich ein Bier zu holen.
Erst als Chester nach der ersten Probe strahlend und glücklich nach Hause gekommen war und ihr erzählt hatte, wie toll der Tag und nett die Leute gewesen wären, hatte sie verstanden, dass ihr Mann diese Abwechslung brauchte.
Darum hatte sie sich, um ihm eine Freunde zu machen, interessiert gegeben und ihn ausgefragt, was er denn alles gesungen und gemacht hatte, und am Abend stießen sie gemeinsam mit Rotwein auf Chester an.
„Hey, nun schau‘ nicht so!“, jammerte Chester, als er den Blick seiner Frau bemerkte. Sie begann leise zu kichern. „Es tut mir Leid, aber das klingt so… so absolut bescheuert. Du in einem Männerchor… Ich weiß nicht.“, lachte Talinda und strich sich eine Haarsträhne aus ihrem hübschen Gesicht.
Schmollend zog Chester die schwarze Jacke an, die am Kleiderhacken im Flur hing.
„Pfff, jetzt singe ich dir nie wieder etwas vor!“, erwiderte er, gespielt eingeschnappt.
„Oh, dann nehme ich das natürlich sofort zurück.“, neckte Talinda ihn lachend.
Ehe Chester gänzlich das Haus verließ, verfielen die beiden in einen langen, zärtlichen Kuss, dann verabschiedete sich der Braunhaarige.
„Bye, Honey.“
Chester verließ das Haus. Ein leichter Wind, welcher nach Meersalz roch, wehte und ließ den jungen Mann frösteln. Es war bereits später Frühling, jedoch war es immer noch unangenehm kühl. Chester würde wahrscheinlich noch eine Weile brauchen um sich an das Klima zu gewöhnen.
Er ging die Einfahrt hinauf, vorbei an den dunkelgrünen Rosenbüschen. Sie blühten noch nicht jedoch hatte man ihm gesagt dass sie im Sommer in ganzer Pracht erstrahlen würden. Talinda würde sich sicherlich darüber freuen.
Mit einem kleinen, rostigen Schlüssel öffnete er die alte Garage, welche neben dem Haus angebaut war. Ein weiterer, praktischer Bonus als sie das Haus gekauft hatten. Zwar war die Garage nicht so gut in Schuss wie das Haus, jedoch erfüllte sie vollkommen ihren Zweck.
Zärtlich, aber kurz, strich Chester dem Wagen über die silberne Motorhaube. Sie hatten den Neuwagen gleich zwei Tage nach dem Umzug gekauft. Damals, als sie das große Autohaus besucht hatten, war ihnen sofort der schicke Sportwagen positiv aufgefallen. Man konnte von „Liebe auf den ersten Blick“ sprechen, und jeder Versuch des Verkäufers ihnen angeblich besseren, aber ironischer weise teureren Wagen anzudrehen, hatten sie bewusst abgelehnt. Letztlich hatten sie diesen Wagen, ihr Traumauto, gekauft.
Trotz all der großen Faszination, welche sie diesem Auto entgegenbrachten, war es Chester bei dem Kauf nicht ganz wohl gewesen, denn Talindas Eltern hatten eine große Summe dazu bezahlt. Der werdende Vater hatte nach dem Umzug einfach nicht mehr genügend Geld gehabt und darum, allerdings unter großem Scham, seine Schwiegereltern gefragt, die nicht gerade arm waren – im Gegensatz zu seinen Eltern.
Wenn Chester ehrlich war, war er manches Mal ziemlich eifersüchtig auf seine Frau, wenn diese von ihrer tollen Kindheit erzählte. Mit glänzenden Augen berichtete sie von ihrem tollen, großen Haus in L.A., von den vielen Freunden, die im Übrigen auch nicht aus schlechten Verhältnissen stammten, und natürlich von ihren Eltern selbst, welche ihr so viel bieten konnten. Er dagegen hatte nie wirklich viel gehabt. Der Motor startete und ein paar Minuten später fuhr der Wagen auf der ungesicherten Straße, welche an den vielen Feldern und Äckern vorbeiführte.
Nach knapp einer Stunde kam Chester endlich in der kleinen Stadt an. Die Gebäude hier waren dicht aneinander gereiht, ganz anders als in dem kleinen Dorf, in dem er lebte. Das erste Mal, als er hierher gefahren war um etwas einzukaufen, kam es ihm so vor als wäre er in einer anderen Welt. Obwohl beide Orte nicht allzu weit von einander entfernt waren: Die Unterschiede waren enorm.
Chester parkte den Wagen vor einer kleinen, namenlosen Kneipe. Das große Sportauto wirkte zwischen den ganzen Kleinwagen groß und protzig. Er passte so gar nicht in das ruhige Norwegen. Der Braunhaarige stieg aus, schloss ab und betrat die Kneipe. Und erneut wurde er in eine neue Welt voller Hektik und Unruhe gezogen.
Lachen drang an sein Ohr und er erfasste einzelne Gesprächsfetzen von unbeschwerten, angeregten Erzählungen. Langsam bahnte sich Chester einen Weg durch die besetzten Tische und Stühle, welche dicht nebeneinander standen. Fremde Augen blieben an ihm hängen, musterten ihn und wendeten sich dann wieder ihren Gesprächspartnern, Kumpeln, Ehefrauen oder Kindern zu. Er blieb vor einer plumpen Holztür stehen und versuchte durch den Stimmwirrwarr einen Laut hinter der Türe auszumachen. War er zu spät?
Er klopfte zweimal – ein Zeichen, welches sie damals ausgemacht hatten – und drückte dann die Klinke herunter. Die Türe schwang auf. Sofort richteten sich vier Augenpaare auf den zierlichen Mann. Ein Stuhl wurde zurückgeschoben und ein lächelndes Gesicht bewegte sich auf Chester zu.
„Hey Chaz, wie geht’s?“, fragte ein schwarzhaariger, junger Mann, welchem sofort anzusehen war dass er aus einem asiatischen Land stammen musste. Freundschaftlich legte er Chester eine Hand auf die Schulter. „Hi, ganz gut. Sorry, ich hab‘ ein wenig getrödelt.“ Sein Gegenüber schüttelte beschwichtigend den Kopf. „Schon gut, wir haben auch noch gar nicht angefangen. Ich bin auch gerade erst angekommen. Möchtest du etwas trinken?“
Eine knappe halbe Stunde später saßen fünf junge Männer zusammen in einem kleinen Kreis um einem Tisch herum, jeder mit einem Bier vor sich. Chester wusste dass Talinda es nicht gerne sah wenn ihr Mann mit Alkohol im Blut Auto fuhr. Allerdings hatte sie aufgegeben sich darüber zu beschweren.