So, hier der kleine Geschichtsteil. =)
Mit einem fast überlegenen Lächeln sah ich, wie der Rothaarige mit wütendem Blick die Hände kurz in die Hüften stemmte und dann auf mich zukam. „Sagte ich nicht, du solltest dich ab jetzt von hier fernhalten?“, fragte er aufgebracht. Genau wie vor ein paar Tagen waren seine Augen leer und emotionslos. Für einen Moment fragte ich mich, ob er überhaupt so etwas wie Gefühle empfinden konnte, außer Wut und Hass.
Mein Grinsen wich nicht aus meinem Gesicht, sondern wurde sogar noch breiter, als er einen weiteren Schritt auf michzutat und dabei leise schnaubte. Glaubte er etwa, er würde mir damit Angst machen? Für mich war sein Verhalten einfach nur lächerlich.
„Wieso sollte ich mich an dein Verbot halten?“, antwortete ich und versuchte meine Stimme möglichst gleichgültig klingen zu lassen, allerdings klang sie wieder etwas bissig, genau wie bei unserer ersten Begegnung. „Ich lebe hier schon seit ich ein kleines Kind bin.“, sprach ich weiter, „Und ich denke nicht, dass so ein Typ wie du, dessen Namen ich noch nicht einmal kenne, mir verbieten kann, im Wald mit meinem Hund spazieren zu gehen.“ Ich wartete auf die Reaktion des älteren Jungen, doch er musterte mich noch immer von oben herab. Hatte er mir denn nicht richtig zugehört?
Plötzlich, ohne, dass ich ihm noch ausweichen konnte, umfasste er mit eisernem Griff mein Handgelenk. Ich wollte mich wehren, allerdings war er eindeutig zu stark. Titan begann zu bellen, denn er hasste es, wenn eine fremde Person mich einfach so berührte. Der Rothaarige kümmerte sich jedoch nicht weiter darum, sondern drängte mich zu einem Baum, welcher hinter mir stand. Unsanft schubste er mich gegen den Stamm. Mein Rücken begann zu schmerzen und ich schnappte nach Luft. Jetzt hatte ich wahrhaftig Angst. Mein vorher freches Grinsen war von meinen Lippen gewichen, stattdessen starrte ich den Älteren einfach nur an.
Inzwischen hatte ich Titans Leine losgelassen, doch statt sich auf meinen Angreifer zu stürzen, verkroch sich der Collie zwischen ein paar Sträuchern. Hätte ich mich nicht in solch einer misslichen Lage befunden, hätte ich ihn wahrscheinlich ausgeschimpft und darüber aufgeregt, dass ein solch großer Hund mich doch eigentlich beschützen müsse, statt sich bei der nächstbesten Gelegenheit aus dem Staub zu machen-
„Nun hörst du mir mal gut zu…“, zischte der Junge mit dem eiskalten Blick. Seine Stimme war ganz nahe an meinem Ohr und triefte nur so von Hass und Abscheu. Sein stattlicher Körper machte es mir unmöglich, ihn einfach wegzuschubsen. „Ich sage es dir zum letzten, nein, zum allerletzten Mal: Gehe nie wieder in diesen Wald hier, wenn du nicht willst, dass dir etwas zustößt. Falls ich dich hier noch einmal antreffen sollte, werde ich entsprechende Maßnahmen ergreifen.“ Er verstärkte seinen Griff um mein Handgelenk. Ich biss mir auf die Unterlippe und versuchte die aufsteigenden Tränen, welche auf den Schmerz und die Angst herrührten, zu unterdrücken. Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals. „Hast du mich verstanden?!“
Ich zuckte zusammen, als er mich anschrie. Seine kalten Augen bohrten sich in meine und schienen in mein tiefstes Inneres blicken zu können. Sein, vor Aufregung, nur stoßweise gehender Atmen strich über meine Wange und ließ mir einen Schauer über den Rücken jagen. „J-ja.“, brache ich mühsam hervor. Meine Stimme klang heiser und brüchig. Am liebsten hätte ich angefangen hemmungslos zu heulen, doch meine Verwirrung ließ dies nicht zu. „Sehr schön.“
Der Rothaarige ließ meine Hand los und trat einige Schritte zurück. Langsam rutschte ich den Stamm herab, bis ich auf einer der moosgesäumten Wurzeln des Baumes saß. Meine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding und konnten mich nicht länger tragen. Ich sah, wie der Junge in die entgegengesetzte Richtung ging. Kurz, bevor er vollkommen aus meinem Sichtfeld verschwand, drehte er sich noch einmal um. „Und diesmal hältst du dich daran.“ Er wartete keine Antwort von mir ab, sondern drehte sich um und verschwand zwischen den hochgewachsenen Bäumen und grünen Sträuchern.